Arbeits- und Gesundheitsschutz 4.0 in der Verwaltung - ein Überblick in Zeiten der Digitalisierung

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Die Digitalisierung der eigenen Arbeit zunächst durch das Onlinezugangsgesetz (OZG) und später durch die Pandemie hat auch die Arbeit in deutschen Verwaltungen verändert.

Lag der Fokus des Arbeits- und Gesundheitsschutzes viele Jahre ausschließlich auf dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) in der Berufsgruppe der „Blaumänner“, so haben die Verantwortlichen inzwischen erkannt, dass auch im Arbeits- und Gesundheitsschutz für die Beschäftigten in den Verwaltungen ein Umdenken erforderlich ist.

 

Arbeitsschutz, Gesundheit, Arbeitssicherheit

Arbeits- und Gesundheitsschutz 4.0 - ortsflexibles Arbeiten

Mobiles Arbeiten und flexible Arbeitszeiten sind wichtig, um junge Fachkräfte zu gewinnen. Projekte für selbstbestimmtes, agiles Arbeiten (New Work) nehmen zu.  Beschäftigte, ob jung oder im besten Alter, wollen mit ihren Bedürfnissen gesehen und ernst genommen werden. Anderenfalls schlägt sich dies regelmäßig in der Krankheitsquote nieder. Arbeits- und Gesundheitsschutz 4.0 lenkt den Blick auf die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG sowie auf die Ausgestaltung des Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Denn aktuell führen Probleme in den Digitalisierungsprozessen der Verwaltungen selbst, Arbeitsverdichtung u.a. durch krankheitsbedingte Ausfälle und andere Umstände dazu, dass auch den psychischen Belastungen eine größere Bedeutung beigemessen werden muss. Arbeitszufriedenheit hängt nicht nur von einer sicheren Entlohnung ab, sondern auch von anderen Rahmenbedingungen rund um Arbeitszeit, technische Ausstattung, Kommunikation und Arbeitsinhalte. Inzwischen gibt es auch in Verwaltungen engagierte Beschäftigte, die dabei sind, ein betriebliches bzw. behördliches Gesundheitsmanagement (BGM) aufzubauen. Es ist jedoch notwendig zu verstehen, wie unser Arbeitsschutzrecht als Säule des BGM aufgebaut ist, wie Gesetze wie das ArbSchG, das ASiG, das ArbZG, aber auch die Personalvertretungsgesetze (Mitbestimmung), Verordnungen wie die Arbeitstättenverordnung sowie Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV Vorschriften), Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) Leitlinien und Empfehlungen ineinander greifen, welche Akteure hier verbindliche Regelungen vorgeben, nicht zuletzt wegen der Sanktionen nach § 25 ArbSchG bzw. § 22 ArbZG. Der seit 2021 bestehende Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit (ASGA) beim BMAS/BAuA hat sich 2022 ein Arbeitsprogramm u.a. zu den Themen Gefährdungsbeurteilung, psychische Belastungen, wirksame und moderne Unterweisungen, ortsflexible Bildschirmarbeit außerhalb von Arbeitsstätten auferlegt.

Bedeutung der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG und der Arbeitszeit

Damit wird die Bedeutung der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG deutlich, die auch bei mobiler Arbeit und Home Office eine Rolle spielt, wenn auch mit unterschiedlichen Qualitäten in der konkreten Ausgestaltung. Allerdings kann kein Behördenleiter ernsthaft daran interessiert sein, dass ein Beschäftigter ohne weitere Hilfsmittel vor einem kleinen Laptop am Küchentisch sitzt und dann wegen Muskel-Skelett-Erkrankungen ausfällt. Der Fokus der GBU liegt hier aber auch auf den psychischen Belastungen der Arbeit einschließlich der Arbeitszeit, womit auch das ArbZG und damit die Arbeitswissenschaften an Bedeutung gewonnen haben. Schließlich bieten u.a. sowohl die GDA als auch die Unfallkassen und Berufsgenossenschaften umfangreiche Hilfestellungen bis hin zur digitalen Gefährdungsbeurteilung (GBU 4.0) an. 
Derzeit liegt nur der Referentenentwurf des ArbZG vom 18.4.2023 vor, der wegen der fehlenden Flexibilisierung z.B. bei den Ruhezeiten (derzeit noch 11 h, in der Diskussion Bagatellgrenze) kritisiert wird. Im Zusammenhang mit Arbeiten 4.0 außerhalb der Dienststelle ist der aktuelle Stand, dass die Dokumentation der Arbeitszeit weiterhin an den Beschäftigten selbst delegiert werden kann. Auch Vertrauensarbeitszeit soll weiterhin möglich sein, sofern das System einen Regelverstoß meldet. 
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Verantwortlichen die ohnehin verpflichtenden Instrumente des Arbeits- und Gesundheitsschutzes wie die GBU als Instrumente zur Gestaltung einer gesunden Personal- und Behördenkultur erkennen sollten.

Christina Wiebelitz-Spangenberg,
Dozentin für Arbeitsrecht, Arbeits- und Gesundheitsschutz 4.0

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